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schuld an Cardillacs Tode dargetan habe, und daß nur der
heldenmütige Entschluß, ein Geheimnis in das Grab zu
nehmen, dessen Enthüllung die Unschuld und Tugend
selbst verderben würde, ihn zurückhalte, dem Gericht ein
Geständnis abzulegen, das ihn von dem entsetzlichen
Verdacht nicht allein, daß er Cardillac ermordet, sondern,
daß er auch zur Bande verruchter Mörder gehöre, befreien
müsse. Alles was glühender Eifer, was geistvolle Bered-
samkeit vermag, hatte die Scuderi aufgeboten, la Regnies
hartes Herz zu erweichen. Nach wenigen Stunden antwor-
tete la Regnie, wie es ihn herzlich freue, wenn Olivier Bru-
ßon sich bei seiner hohen, würdigen Gönnerin gänzlich
gerechtfertigt habe. Was Oliviers heldenmütigen Entschluß
betreffe, ein Geheimnis, das sich auf die Tat beziehe, mit
ins Grab nehmen zu wollen, so tue es ihm leid, daß die
Chambre ardente dergleichen Heldenmut nicht ehren kön-
ne, denselben vielmehr durch die kräftigsten Mittel zu bre-
chen suchen müsse. Nach drei Tagen hoffe er im Besitz
des seltsamen Geheimnisses zu sein, das wahrscheinlich
geschehene Wunder an den Tag bringen werde.
Nur zu gut wußte die Scuderi, was der fürchterliche la Re-
gnie mit jenen Mitteln, die Brußons Heldenmut brechen
sollten, meinte. Nun war es gewiß, daß die Tortur über den
Unglücklichen verhängt war. In der Todesangst fiel der
Scuderi endlich ein, daß, um nur Aufschub zu erlangen,
der Rat eines Rechtsverständigen dienlich sein könne. Pi-
erre Arnaud d'Andilly war damals der berühmteste Advokat
in Paris. Seiner tiefen Wissenschaft, seinem umfassenden
Verstande war seine Rechtschaffenheit, seine Tugend
gleich. Zu dem begab sich die Scuderi und sagte ihm al-
les, so weit es möglich war, ohne Brußons Geheimnis zu
verletzen. Sie glaubte, daß d'Andilly mit Eifer sich des Un-
schuldigen annehmen werde, ihre Hoffnung wurde aber
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auf das bitterste getäuscht. D'Andilly hatte ruhig alles an-
gehört und erwiderte dann lächelnd mit Boileaus Worten:
Le vrai peut quelque fois n'être pas vraisemblable. Er
bewies der Scuderi, daß die auffallendsten Verdachts-
gründe wider Brußon sprächen, daß la Regnies Verfahren
keineswegs grausam und übereilt zu nennen, vielmehr
ganz gesetzlich sei, ja daß er nicht anders handeln könne,
ohne die Pflichten des Richters zu verletzen. Er, d'Andilly,
selbst getraue sich nicht durch die geschickteste Verteidi-
gung Brußon von der Tortur zu retten. Nur Brußon selbst
könne das entweder durch aufrichtiges Geständnis oder
wenigstens durch die genaueste Erzählung der Umstände
bei dem Morde Cardillacs, die dann vielleicht erst zu neu-
en Ausmittelungen Anlaß geben würden. So werfe ich
mich dem Könige zu Füßen und flehe um Gnade, sprach
die Scuderi außer sich mit von Tränen halb erstickter
Stimme. Tut das, rief d'Andilly, tut das nun um des Him-
mels willen nicht, mein Fräulein! Spart Euch dieses letzte
Hilfsmittel auf, das, schlug es einmal fehl, Euch für immer
verloren ist. Der König wird nimmer einen Verbrecher der
Art begnadigen, der bitterste Vorwurf des gefährdeten
Volks würde ihn treffen. Möglich ist es, daß Brußon durch
Entdeckung seines Geheimnisses oder sonst Mittel findet,
den wider ihn streitenden Verdacht aufzuheben. Dann ist
es Zeit, des Königs Gnade zu erflehen, der nicht danach
fragen, was vor Gericht bewiesen ist, oder nicht, sondern
seine innere Überzeugung zu Rate ziehen wird. Die Scu-
deri mußte dem tieferfahrnen d'Andilly notgedrungen
beipflichten. In tiefem Kummer versenkt, sinnend und
sinnend, was um der Jungfrau und aller Heiligen willen sie
nun anfangen solle, um den unglücklichen Brußon zu ret-
ten, saß sie am späten Abend in ihrem Gemach, als die
Martiniere eintrat und den Grafen von Miossens, Obristen
von der Garde des Königs, meldete der dringend wün-
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sche, das Fräulein zu sprechen.
Verzeiht, sprach Miossens, indem er sich mit soldatischem
Anstande verbeugte, verzeiht, mein Fräulein, wenn ich
Euch so spät, so zu ungelegener Zeit überlaufe. Wir Sol-
daten machen es nicht anders, und zudem bin ich mit zwei
Worten entschuldigt. Olivier Brußon führt mich zu Euch.
Die Scuderi, hochgespannt, was sie jetzt wieder erfahren
werde, rief laut: Olivier Brußon? der Unglücklichste aller
Menschen? was habt Ihr mit dem? Dacht' ich's doch,
sprach Miossens lächelnd weiter, daß Eures Schützlings
Namen hinreichen wurde, mir bei Euch ein geneigtes Ohr
zu verschaffen. Die ganze Welt ist von Brußons Schuld
überzeugt. Ich weiß, daß Ihr eine andere Meinung hegt,
die sich freilich nur auf die Beteurungen des Angeklagten
stützen soll, wie man gesagt hat. Mit mir ist es anders. Nie-
mand als ich kann besser überzeugt sein von Brußons
Unschuld an dem Tode Cardillacs. Redet, o redet, rief die
Scuderi, indem ihr die Augen glänzten vor Entzücken. Ich,
sprach Miossens mit Nachdruck, ich war es selbst, der den
alten Goldschmied niederstieß in der Straße St. Honoré
unfern Eurem Hause. Um aller Heiligen willen Ihr Ihr! rief
die Scuderi. Und, fuhr Miossens fort, und ich schwöre es
Euch, mein Fräulein, daß ich stolz bin auf meine Tat. Wis-
set, daß Cardillac der verruchteste, heuchlerische Böse-
wicht, daß er es war, der in der Nacht heimtückisch morde-
te und raubte und so lange allen Schlingen entging. Ich
weiß selbst nicht, wie es kam, daß ein innerer Verdacht
sich in mir gegen den alten Bösewicht regte, als er voll
sichtbarer Unruhe den Schmuck brachte, den ich bestellt,
als er sich genau erkundigte, für wen ich den Schmuck
bestimmt und als er auf recht listige Art meinen Kammer-
diener ausgefragt hatte, wann ich eine gewisse Dame zu
besuchen pflege. Längst war es mir aufgefallen, daß die
unglücklichen Schlachtopfer der abscheulichen Raubgier
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alle dieselbe Todeswunde trugen. Es war mir gewiß, daß
der Mörder auf den Stoß, der augenblicklich töten mußte,
eingeübt war und darauf rechnete. Schlug der fehl, so galt
es den gleichen Kampf. Dies ließ mich eine Vorsichtsmaß-
regel brauchen, die so einfach ist, daß ich nicht begreife,
wie andere nicht längst darauf fielen und sich retteten von
dem bedrohlichen Mordwesen. Ich trug einen leichten
Brustharnisch unter der Weste. Cardillac fiel mich von hin-
ten an. Er umfaßte mich mit Riesenkraft, aber der sicher
geführte Stoß glitt ab an dem Eisen. In demselben Augen-
blick entwand ich mich ihm und stieß ihm den Dolch, den
ich in Bereitschaft hatte, in die Brust. Und Ihr schwiegt,
fragte die Scuderi, Ihr zeigtet den Gerichten nicht an, was
geschehen? Erlaubt, sprach Miossens weiter, erlaubt,
mein Fräulein, zu bemerken, daß eine solche Anzeige
mich, wo nicht geradezu ins Verderben, doch in den ab-
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